Was hatten heute eine „unechte“ Straße mit Gründerzeitfassaden in Babelsberg und eine echte, gemauerte Häuserzeile im selbigen Stadtteil gemeinsam? Sie waren Drehorte. In die sogenannte Berliner Straße der Filmstudios Babelsberg kann man leider keinen Blick hineinwerfen. Alles ist hermetisch abgeschlossen, zugebaut und zugehängt und Tag und Nacht bewacht. Was Matt Damon und George Clooney dort zu sagen und zu zeigen haben, kann ich somit nicht sagen. Hier, in unserer Wohnung, wurde dagegen mit gutem Rotwein gearbeitet. Gefilmt wurde, wie der Korkenzieher angesetzt wird, der Korken gezogen wird. Der Rotwein in Zeitlupe ins Glas schwappt und natürlich wie das Glas angesetzt wird. Hintergrund für diese kurzen Filmsequenzen ist die Produktion eines neuen Dokumentarfilms für die Serie „Der lange Weg“ beim RBB. Und so heben wir das verbliebene Glas Bordeaux und prosten in Gedanken in Richtung Filmstudios und RBB.
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Geschichten über Bilder, die irgendwann irgendwo s o n s t entstanden sind.

Christina Hanck
In der Markthalle von Riga riecht es nach Fisch. Es ist nicht nur eine gewöhnliche Markthalle, sondern ein riesiger Zentralmarkt aus fünf ehemaligen Zeppelinhallen, die sich in der Moskauer Vorstadt befinden. Neben all dem Gemüse, den vielen russischen Waren, ja sogar der Kwaswagen ist noch zu finden, sind es die Fischstände, die natürlich neben den Einheimischen auch viele Touristen anlocken. (Warum geht man als Fremder eigentlich immer in Markthallen in den besuchten Städten?) Aber gerade dort ist eine Serie von Bildern entstanden, die zu meinen Lieblingsbildern gehört. Frauen mit Häubchen dekorieren ihre geräucherte Ware wie ein Gesteck oder einen Strauß Blumen um die werte Kundschaft anzulocken. Ich bin fasziniert und fotografiere solange, bis ich missbilligende Blicke bemerke. Zweimal war ich in den letzten Jahren mit Freunden in Riga und zweimal habe ich die Markthalle besucht – jedoch nie einen Fisch mitgenommen. Apropos Kwas, ich habe ja dieses gegorene Getränk nie getrunken, weder in Moskau, Kiew oder Riga. Ich hatte immer Angst um meinen Magen. Aber A. erinnert sich lebhaft an die Kelle aus dem großen Kwas-Tankwagen, aus der alle zu trinken bekamen, wenn der Durst groß war und die Hitze unerträglich, z. B. in Taschkent, in der ehemaligen Sowjetunion.
Menschen zu fotografieren ist nicht meine Stärke. Trotzdem habe ich es dieses Mal gewagt. Wagen müssen. Noch kurz vor Ostern, und gleich heute, besuchten uns im Berufsbildungswerk zwei Mitglieder des Deutschen Bundestages, zwei Frauen wohlgemerkt. Beide wollten unser Haus kennenlernen, d. h. bestimmte Ausbildungsbereiche wie die Holz- und Metallbearbeitung oder den Bereich Druck und Medien. In den Werkstätten herrscht (fotografisch gesehen) schwieriges, punktuelles Kunstlicht vor. Draußen, beim Spaziergang über das Gelände, war es grau, teilweise schneite es sogar. Also Lichtverhältnisse, die ich nicht so sicher beherrsche. Schwierig natürlich auch, dass sich die Menschen ständig bewegen und man als Fotografin eher vorsichtig aus dem Hintergrund agieren muss. Aber ich hatte Glück: Beide Frauen, Andrea Voßhoff und Cornelia Behm (ich mache jetzt keine Parteienwerbung), waren (scheinbar) ohne Stress ganz auf die Jugendlichen eingestellt. Beide nahmen sich mehr Zeit als ich erwartet hatte, ließen sich von den Jugendlichen in Ruhe verschiedene handwerkliche Arbeitsgänge vormachen und erklären – und was für mich als Amateurfotografin sehr gut war – sie waren ruhig genug und konnten gelassen Kameras aushalten. Die ausgestrahlte Empathie einzufangen war dann also gar nicht so schwer.
Andrea Voßhoff (MdB), März 2013, Berufsbildungswerk Potsdam
Cornelia Behm (MdB), April 2013, Berufsbildungswerk Potsdam
Unter dem Motto „Zerstörte Vielfalt“ wird in diesem Jahr von Januar bis November an die Zeitspanne 1933 bis 1938 des Nationalsozialismus in Berlin erinnert. Beeindruckend ist die Open Air-Ausstellung vor dem Lustgarten im Zentrum von Berlin. Mehr als zwei Meter große Säulen stehen direkt zwischen den Bushaltestellen an der Karl-Liebknecht-Straße und der beginnenden Rasenfläche vor dem Alten Museum. Ein langer Strom von Touristen fließt direkt an den litfassartigen Säulen vorbei. Leider muss man sich zwischen den Wartenden an den Haltestellen und den Touristen hindurchdrängeln um sich die Ausstellung anzusehen, die Säulen mit den Fotografien der dargestellten Persönlichkeiten stehen sehr dicht. Die Porträts sind gut ausgewählt. Frauen und Männer scheinen uns direkt anzusehen. Ein kurzer Text auf Deutsch und Englisch fasst ihre Lebensleistung und ihr Schicksal zusammen. „Die Ausstellung zeigt eindringlich, wie die gesellschaftliche Vielfalt und kulturelle Avantgarde der Großstadt durch die Nationalsozialisten nach 1933 in beispiellosem Tempo zerstört wurden.“ (Zitat aus dem Katalog des Deutschen Historischen Museums zur Ausstellung.) Trotz Kälte und Wind haben wir mehr als eine Stunde gebraucht um alles anzusehen. Obwohl ich viele Persönlichkeiten kannte, hat mich trotzdem wieder erschüttert, zu sehen mit welcher Konsequenz Menschen vertrieben, eingesperrt und vernichtet wurden. „Erfolgreiche Karrieren wurden gewaltsam beendet, hoffnungsvolle Talente konnten sich nicht mehr entfalten. An der Stelle einer bunten, international geprägten Kultur trat nun die Gleichschaltung aller kulturellen Aktivitäten.“ (Zitat aus dem Katalog des Deutschen Historischen Museums zur Ausstellung.) Im Deutschen Historischen Museum (Pei-Bau) gibt es eine (kostenfreie) Ausstellung über die gesellschaftliche und politische Entwicklung vom 30. Januar 1933 bis zum 9. November 1938.