Wer mich kennt, weiß, dass ich mich für Schrift in jeglichem Zusammenhang besonders interessiere. Selbst wenn es nur ein Blick auf eine bemerkenswerte Handschrift ist, oder eine einfache Ladenbeschriftung, so lässt es mich nicht kalt. Nachdem ich heute ein wenig in meiner digitalen Sammlung geblättert habe, bin ich zu folgender Auswahl gekommen. Soli Deo Gloria – so steht es heute noch über der Eingangstür eines Fachwerkhauses aus dem 18. Jahrhundert in Salzwedel. „Gott allein zur Ehre“ bedeutet die lateinische Redewendung – besonders üblich waren diese Worte im Barock. Ob sie glücklich waren? Joachim Schultz und seine Anna, die Schultzen. (Schön, dass über die Jahrhunderte hinweg, solche kostbaren Namenshinweise der ehemaligen Bewohner erhalten wurden.) Den Gegenentwurf zur barocken Schnitzerei liefert die Wand, ebenfalls in Salzwedel entdeckt, eines Graffiti-Künstlers, der es geschafft hat, den Logos verschiedener Unternehmen einen einheitlich Style zu geben. (Finde ich gekonnt.) Und immer wieder schön: das „vergangene“ Berlin aus dem vorigen Jahrhundert. Ist es eine Beschriftung aus Ost- oder Westberlin? Gesehen habe ich es in Pankow, gerade vor drei Monaten.
In Vorbereitung für meinen Workshop „Zeichen setzen!“ bei der Veranstaltung „Stadt für eine Nacht“ in der Potsdamer Schiffbauergasse, am 22. und 23. Juni 2013, habe ich einen Klassiker der Design-Literatur neu gelesen: Adrian Frutiger, Der Mensch und seine Zeichen. Frutiger beschäftigt sich u. a. auch mit Beziehungen zwischen den Formen. „Die Situation der Annäherung, des Anstoßens, der Überschneidung der Formen führen zu Spannungen, Harmonien oder auch Problemstellungen.“ Besonders philosophisch beschreibt er das Yin-und-Yang-Zeichen: „Durch alle Gefühle, Gedanken und Anstrengungen des Menschen, sich selbst und seine Umwelt zu verstehen, begegnen wir immer wieder der Auseinandersetzung mit der Zweiheit, mit der Dualität. Das Bewusstsein über das Leben und den Tod, das Diesseits und das Jenseits, das Gute und das Böse, den Geist und die Materie und alle anderen aus Gegenseitigkeit hervorgerufenen Impulse hat vielfach zu Dogmen, Weltanschauungen, Religionen und Philosophien geführt.“