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Geschichten über Bilder, die irgendwann irgendwo s o n s t entstanden sind.

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Im Potsdam Museum läuft seit dem 12. Januar die Ausstellung: 1984 Photographie. 60 Schwarz-Weiß-Fotografien von Jürgen Strauss aus dem Jahr 1984, die er in Potsdam und Babelsberg aufgenommen hat. Die Bilder beeindrucken als Zeitzeugnis. Ideologische Bewertung spare ich an der Stelle aus. Das würde ein Buch füllen. 1984 gab es Menschen, die in der DDR glücklich waren, oder zumindest schöne Momente erlebt haben, neben der Stagnation oder Resignation. Die Eröffnungsreden hielten die Direktorin des Museums und die (sogenannte) Zeitzeugin Saskia Hüneke mit bemerkenswerter Reputation. Die Direktorin machte Fehler beim Benennen der historischen Straßen- und anderer Ortsnamen, die Zeitzeugin schlug einen bemerkenswerten erzählerischen Bogen von eigenen positiven Lebensentscheidungen hin zum Ausgesetztsein staatlicher Repressalien.

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Eingang des Potsdam Museums. Linke Seite, Banner mit der Ausstellungsankündigung. (Foto: Andreas Bauer)

 

Was war mein1984? Ich habe zu der Zeit so gut wie gar nicht fotografiert. Es gibt nur ein Dutzend Bilder aus dem Jahr, teilweise von mir jetzt unbekannten Fotografen. Ich war Anfang Januar 1984 in der Berufsschule in Wandlitz bei Berlin. Da ich intensiv Tagebuch geschrieben habe, finden sich einige persönliche Beschreibungen, die über Schilderungen von Verliebtheiten hinausgehen.
Montag, den 2. Januar 84: Dieses Orwell-Jahr! Eigentlich wollte ich sein Buch lesen, aber muß man vielleicht als Zufall ansehen, daß es gerade 1984 ist. (...) Jetzt mache ich meine letzte Hausaufgabe. Für das Fach Sozialistisches Recht eine Karrikatur. Finde ich total affig.
Dienstag, den 3. Januar 84: Wir werden hier in die Zwickmühle genommen, so daß man sich verschließt und nie wieder seine eigene Meinung sagen will. Ich fliege von dieser Schule, wenn ich politisch nicht mehr tragbar bin. Wir hatten heute Sport und plötzlich kam wieder dieser dicke Kerl von der GST (Gesellschaft für Sport und Technik, mit vormilitärischem Charakter) um uns erneut anzuwerben. Man kann es kaum glauben, aber er wünschte uns ein „bombiges neues Jahr“. (...)
Donnerstag, den 5. Januar 84: Wir waren beim Pfarrer. Wir wollten Rat haben wegen der Sache mit dem Heini von der GST. Der Pfarrer war nett, hat aber gerade in dieser Beziehung um den heißen Brei herumgeredet, vielleicht weil wir nicht in der Kirche sind. (...)
Freitag, den 27. Januar 84: Wochenende! Fasching vorbei, anstrengende Tage vorbei, morgen fahre ich nach Potsdam zurück. Mittwoch war ich im Metropoltheater. Donnerstag gab es eine Exkursion nach Berlin, danach Volkshochschule in Potsdam, na und heute der Fasching im Internat. (...)

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Fasching im Internat der DEWAG-Betriebsberufsschule „John Heartfield“ in Wandlitz. Links die Sportlehrerin und die Internatsbetreuerin. Rechts die Autorin im Alter von 19 Jahren. Das Treiben wird mißtrauisch beäugt von drei alten Männern der damaligen Partei- und Staatsführung.  (Foto: Unbekannter Fotograf)

 

 

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Zerbrochenes Glas im Fenster eines verlassenen Krankenhauses und abblätternde Farbschichten in den Zimmern und Fluren dieser ehemaligen Lungenheilstätte in Beelitz bei Potsdam, locken Menschen an. Außerdem wird Kunst gezeigt, in diesen morbiden Gemäuern. Junge Kunst von Kunststudenten aus aller Welt wird zwei Tage präsentiert. Viele Besucher nutzen diese Ausstellung aber auch, um legal einen Blick in die sonst verschlossenen und verfallenden Lungheilstätten zu werfen. Mich fasziniert die Poesie einiger Kunstwerke, die eins wurden mit dem sie umgebenden Raum. Die Natur erorbert sich den genommenen Platz zurück. Aber auf eine märchenhaft poetische Art und Weise: Efeu „ergießt“ sich durch geöffnete Fenster über den Boden. Die Pflanzen geben sich nicht mehr mit den äußeren Mauern zufrieden. Schmetterlinge ziehen sich zurück ins dunkle, kühle Gemäuer...

 

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Installation von Vanina Tsvetkova (Bulgarien).

 

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Installation von Oya Özkan (Türkei).

 

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Treppenhaus in einem der Gebäude der Beelitzer Heilstätten.

Unbekannter Künstler. Foto: Andreas Bauer

 

 

 

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Die erschöpfte Museumsbesucherin sitzt am Ende der Besichtigung auf der Bank vor der Wandzeitung des MMM Firmian. Und schon beim ersten Blick auf die Tafel entdeckte sie den merkwürdigen Zufall: Ausgerechnet den Besuch Reinhold Messners im November 2003 in Potsdam, im Autohaus Ehrl (!), wählte der Wandzeitungsredakteur aus, um ein Beispiel für Messners zahlreiche Auftritte und Vorträge zu zeigen. Ach übrigens war der Fotograf dieses Fotos und geschätzte Begleiter der Museumsbesucherin damals einer der begeisterten Zuschauer im Autohaus. Ob er sich im Anschluss ein Autogramm holte, entzieht sich der Kenntnis.

 

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MMM Firmian (Schloss Sigmundskron bei Bozen). Foto: Andreas Bauer

 

 

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Was für Museen, die der Felskletterer und Bergsteiger Reinhold Messner in den letzten Jahren geschaffen hat, diese Messner Mountain Museen (MMM)! Da ich nicht die beste Bergwanderin bin, besuche ich diese grandiosen Museen in den Alpen an den Tagen, die ich nach einigermaßen anstrengenden Wanderungen als Rekonvaleszenzphase benötige. Fünf Museen hat Reinhold Messner bis jetzt konzeptioniert und eröffnet, drei davon habe ich bisher mit meinem Liebsten kennengelernt. Thematisch geht es immer um Berge in den Museen: um das Eis auf ihren Gipfeln und Gletschern; um die Bergvölker, die mit ihren Mythen und Gottheiten in den Bergen leben; um die Eroberung der Gipfel als Eroberung des Nutzlosen oder um jegliche Form des Bergtourismus. Aber nicht nur die Inhalte und Exponate begeistern mich, sondern ebenso die Architektur dieser Museen. Reinhold Messner präsentiert seine Visionen, seine Ideen und Ansichten rund um die Alpen oder die Hochgebirge Tibets und Nepals und das auch auf eine bemerkenswerte bauliche Art und Weise. Es ist ein besonderer Kosmos, der sich in den Museen öffnet. Zwar ist es ein Messner-Kosmos, weil es seine Sammlungen an Skulpturen, Gemälden oder Bergsteiger-Reliquien sind, und trotzdem berührt es sehr,  auch emotional. Wenn man sich auf die Welt Messners einlassen kann, ist es eine großartige Welt, in die man schaut. MMM Ortles in Sulden (in Südtirol), erzählt von den eisigen Regionen der Berge und der Pole. Geheimnisvoll wirken dazu auch die unterirdischen Ausstellungsräume am Hang eines Berges. MMM Dolomites auf dem Monte Rite (in den Dolomiten der Region Belluna), ist in den Räumen einer ehemaligen Festungsanlage aus dem ersten Weltkrieg untergebracht. Dort, auf dem Dach dieses Gipfels, erfährt man sehr viel über die Geschichte des Bergsteigens. MMM Firmian ist fast ein Labyrinth durch die alten Gemäuer einer riesigen mittelalterlichen Burganlage auf einem Felssporn oberhalb Bozens (der Hauptstadt Südtirols). Dort erhält man einen Überblick über alles was Reinhold Messner mit den Bergen verbindet. Auch dem Spirituellen der Gottheiten und Geister der Bergvölker wird viel Raum gegeben. Ergänzt werden alle Exponate durch persönliche Texte Messners und durch Zitate aus drei Jahrtausenden Philosophie und Geistesgeschichte. Die erlebte Welt dieser Museen trägt mich dann an den folgenden Tagen gut auf die Berge. Wenn man will, kann man auch mit Reinhold Messner die Dolomiten erwandern. Nach Anmeldung in einem Touristenbüro geht es ganz selbstverständlich ein paar hundert Höhenmeter hinauf und wieder hinunter. Sicherlich wird er so trainiert sein, dass er dabei munter über sich, seine Erlebnisse, Expeditionen und Visionen erzählen kann. Mir bleiben noch einige Wanderungen UND Messner Mountain Museen in den nächsten Jahren. Wie schön!

http://www.messner-mountain-museum.it/

http://landhotel-suedtirol.net/yak-auftrieb-mit-reinhold-messner-in-sulden-2013/

 

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Burgmauer der Anlage Sigmundskron bei Bozen. MMM Firmian.

 

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Burgmauer der Anlage Sigmundskron bei Bozen. MMM Firmian.

 

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Fundstück im MMM Firmian.

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